Guten Tag, wir sind die Freie Arbeiter*innen Union Lübeck.
Wir sind eine basisdemokratische, antikapitalistische und anarchosyndikalistische Gewerkschaft, als solche sind wir international vernetzt und bilden Netzwerke der globalen Solidarität mit Lohnabhängigen und Erwerbslosen und ihren Basisgewerkschaften in anderen Ländern.
Heute stehen wir hier bei der Filiale der Firma „New Yorker“ in Lübeck.
Wir wollen dies als Gelegenheit nutzen, um die Stimmen von Textilarbeiter*innen zum Beispiel aus Myanmar hier im globalen Norden in die Öffentlichkeit zu tragen.
Das ist für uns eine Form von internationaler Solidarität.
Die deutsche Textilfirma „New Yorker“ zum Beispiel – mit Sitz in Braunschweig – gibt sich gerne hip und trendy, schreibt auf ihrer Webseite, dass „die Auswahl an Marken und Designs keine Wünsche offen lässt“. Dies gilt natürlich nicht für die Textilarbeiter*innen, welche unter schlimmsten Ausbeutungsbedingungen für Textilfirmen wie „New Yorker“ schuften müssen. In Myanmar herrscht mittlerweile eine Militärjunta, das hält Firmen wie „New Yorker“ aber nicht davon ab, von der Ausbeutung dort weiter zu profitieren und weiterhin dort produzieren zu lassen.
Das Ziel dabei ist klar: Soviel Profite wie möglich zu erzielen, bei gleichzeitiger Niedrighaltung von Löhnen und Arbeitskämpfen – oder gewerkschaftlicher Organisierung an sich.
Der Unterhalt in Myanmar beträgt für Farbrikarbeiter*innen in der Bekleidungsindustrie 5 800 Kyat (2,62 €) pro Arbeitstag, weshalb Arbeiter*innen von extra bezahlten Überstunden abhängig sind. Der reguläre Lohn reicht nicht zum Leben und die Arbeitsbedingungen sind sehr schlecht. Auch andere Firmen wie zum Beispiel Engelbert-Strauss, Jack Wolfskin oder Schöffel lassen weiterhin in Myanmar produzieren. Viele Fabriken dort, mit denen zusammengearbeitet wird, werden im autoritären Stil geführt, dies hat seit der Etablierung der Junta noch zugenommen. Die Allianz zwischen Militär und Fabrikbesitzenden führt immer wieder zu Konflikten. Seit dem Coup des Militärs rufen Fabrikbesitzer*innen bei Konflikten regelmäßig dieses, um Streikende einzuschüchtern. Gewerkschaften sind weiterhin verboten. Aber auch unter der Militärregierung kommt es in Fabriken immer wieder zu wilden Streiks. Jüngst fand ein Arbeitskampf in der Charis Fabrik statt, für den es internationale Solidarität gab.
Ende November 2024 kam es in Myanmar in Yangon zu einem wilden Streik in der chinesischen Zhi Yuan Fabrik. In dieser Fabrik wird für Fishbone Sister produziert, eine Marke von „New Yorker“. 250 der 300 dort Arbeitenden haben sich am wilden Streik beteiligt, die Schikanen der Aufseher*innen, die unterdrückenden Arbeitsbedingungen, die schlechte Bezahlung wurden von den Streikenden angeprangert. Auf Bitten des Managements wurden schließlich Soldat*innen und Polizist*innen gegen die Streikenden eingesetzt, diese wurden mit Waffengewalt gezwungen, an den Arbeitsplatz zurückzukehren. Die FGWM, die Federation of General Workers Myanmar, wurde von den Streikenden kontaktiert, um Hilfe und Unterstützung im Arbeitskampf und in der Öffentlichkeitsarbeit zu erhalten.
Die FGWM setzt sich aus (Fabrik)-Gewerkschaften zusammen, umfasst weiterhin mehrere tausend Mitglieder und ist eine der sehr wenigen gewerkschaftlichen Föderationen in Asien, die den Anspruch hat, basisdemokratisch zu funktionieren. Ihren Ursprung hat die FGWM in den Nähfabriken der Industriegebiete von Myanmar. Der Großteil der Sekretär*innen musste mittlerweile vor Verfolgung durch die Militärjunta fliehen und agiert aus dem Untergrund im Exil.
Trotz der Militärdiktatur arbeiten sie weiter. Die FGWM unterstützt Arbeiter*innen dabei, sich zu organisieren, begleitet Arbeitskämpfe, die unter großer Gefahr weiterhin stattfinden und versucht außerdem von Repression betroffene Mitglieder bei ihrer Flucht und im Gefängnis nicht alleine zu lassen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Organisierung von Bildungsmöglichkeiten für Fabrikarbeiter*innen zu Themen wie Organizing und Arbeitskämpfen. Es geht also nicht nur um höhere Löhne – welche durch die hohe Inflationsrate in den letzten 3 Jahren noch essentieller wurden, sondern auch um physische und sexuelle Übergriffe durch Vorgesetzte, das gezielte Einschüchtern von gewerkschaftlich Aktiven (Union Busting) und mangelhafte Arbeitsmaterialien und Sanitäranlagen.
Wir sind solidarisch mit den Streikenden und der FGWM. Es gab von unserer Basisgewerkschaft FAU und der Gewerkschafts-Internationalen IKA (Internationale Konföderation der Arbeiter*innen), deren Teil wir sind, im letzten Jahr ein erfolgreiches Crowdfunding. Durch dieses konnte die Schulung von Gewerkschaftsaktivist*innen finanziert werden.
Dies ist nur ein Beispiel erfolgreich gelebter und praktizierter internationaler Solidarität.
Schauen wir nach Bangladesch, dort sieht es nicht anders aus:
Auch dort werden zum Beispiel Textilarbeiter*innen ausgebeutet und müssen unter schlimmsten Bedingungen arbeiten. Große Marken wie Adidas, Gap, Calvin Klein, H&M, Giorgio Armani, Ralph Lauren, Hugo Boss, Nike und Tommy Hilfiger lassen dort ihre Produkte herstellen. In Bangladesch gab es vor einem Jahr eine massive Protestbewegung zur Erhöhung des Mindestlohns für Arbeiter*innen in Textilfabriken. Jahrelang mussten sie mit einem monatlichen Mindestlohn von 8 000 BDT (ca. 65 EUR) auskommen. Gefordert wurde von unseren Freund*innen der GWTUC (Garment Workers‘ Trade Union Center) eine Erhöhung auf 25 000 BDT (ca. 205 EUR). Die Streiks und Demos wurden teilweise brutal niedergeschlagen. Mindestens 5 Arbeiter*innen kamen hierbei ums Leben. Letztendlich konnte jedoch nur eine Erhöhung auf 12 500 BDT (98,83 €) monatlicher Mindestlohn erkämpft werden.
In drei verschiedenen Industriegebieten in Bangladesch ging die Polizei mit Gewalt gegen umfangreiche Arbeiter*innenproteste vor. Sie verhaftete Hunderte von Arbeiter*innen und erhob falsche Anschuldigungen gegen Tausende von Arbeiter*innen, darunter auch Gewerkschaftsfunktionär*innen.
Der Gewerkschaftsbund der Textilarbeiter*innen (GWTUC) vertritt die Interessen von mehr als fünf Millionen Textilarbeiter*innen in Bangladesch. Bangladesch ist damit einer der weltweit wichtigsten Lieferanten von Bekleidung. Das zeigt das Ausmaß und die Größe der Textilindustrie dort.
Selbstverständlich sind wir auch solidarisch mit der GWTUC und ihren Gewerkschaftskämpfen, wollen diese solidarisch unterstützen!
Wir sind davon überzeugt, dass eine globale antikapitalistische, antiautoritäre Bewegung von Basisgewerkschaften notwendig ist, die über Ländergrenzen hinweg zusammen agiert und dabei Grenzen überwindet.
Wir wollen, dass die schlechten Arbeitsbedingungen und die Ausbeutung, die Menschenrechtsverletzungen und die Unterdrückung von gewerkschaftlichen Aktivitäten in der Textilindustrie dort und überall sofort aufhören!
Wir fordern Gewerkschaftsfreiheit dort und überall, und viel höhere Löhne und umfassende Gewerkschaftsaktivitäten als einen ersten Schritt hin zu einer sozialrevolutionären Transformation, die global das Ziel hat, den Kapitalismus und jede Herrschaft von Menschen über Menschen zu überwinden.
Wir kämpfen für ein Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, welches auf der Basis von Gleichberechtigung aller und globaler Kooperation statt auf der Basis von globaler Konkurrenz funktioniert – und dabei auf Selbstverwaltung und Selbstorganisation in allen Lebensbereichen basiert, ohne die Maximierung von Profit.
Die Fabriken denen, die in ihnen arbeiten!
Arbeiter*innen der Welt, vereinigt euch!
Es lebe der Internationalismus und die Solidarität!
Wenn Sie Fragen zu unserer Gewerkschaft oder unsere Gewerkschaftsarbeit haben, sprechen Sie uns gerne an.
Unsere Webseite: luebeck.fau.org – Unsere Emailadresse: fauhl@fau.org
Quellen:
#1World 1Struggle – https://globalmayday.net
https://www.business-humanrights.org/en/latest-news/myanmar-industriall-myanmar-unions-file-complaints-against-next-new-yorker-lpp-over-their-continued-sourcing-from-myanmar/
https://www.business-humanrights.org/en/latest-news/myanmar-garment-workers-at-synergy-garment-factory-report-several-rights-abuses-incl-physical-verbal-abuse-incl-co-responses/
www.globalmayday.net/2023/11/08/solidarity-bangladesh-garment-workers/
Hier könnt Ihr den Flyer zur Kundgebung herunterladen